
70 Jahre Musik in Klang, Licht und Bild erleben
Dir muss nicht schwindelig werden, wenn du das Museum RAGNAROCK besuchst. Du kannst aber ruhig den Kopf zurücklehnen und dich im Kreis drehen lassen, während du dich auf eine Reise in den Rock, den Pop und den Hip-Hop sowie in die coole Architektur und die Geschichte zu Tanz, Ausgeflipptsein und Jugendkultur begibst.
Stell dir vor, du liegst auf einem riesigen Plattenspieler auf dem Rücken. Die Musik spielt, und die Schallplatte dreht sich. Du lauschst konzentriert der Musik, und während du langsam hin- und hergedreht wirst, wirst du immer mehr in das sinnliche Universum der Musik eingelullt. Im RAGNAROCK wird das Erlebnis Wirklichkeit, denn hier kannst du die Geschichte der Musik und der Jugend mit dem ganzen Körper erleben, und der Plattenspieler existiert in der Realität.
Das Museum liegt in Roskildes Start-up-Viertel „Musicon“, ist nur eine halbe Autostunde von Kopenhagen entfernt, und auf beiden Seiten der Stadt kann man im Fjordland schöne Natur erleben. Mitten im neuen Stadtteil liegt das Museum wie eine alles überragende Rock-Kathedrale, die in goldene Nieten oder mit Gold belegtes, schalldämpfendes Material gewandet ist. Bevor du den goldenen Kubus betrittst und dich zum „spin right round baby“ auf den Plattenspieler begibst, muss das Erlebnis an einer anderen Stelle beginnen.
„The coolest museum in Denmark“, schrieb der internationale Museumsführer museeum.com nach einem Besuch im RAGNAROCK im vergangenen Herbst. Und der Museumsführer lobt hierbei nicht nur die Ausstellungen des Museums, sondern das Gesamterlebnis, das den Gästen geboten wird.
Der Untertitel des RAGNAROCK lautet: „Das Museum für Pop, Rock und Jugendkultur“. Wer eine klassische Museumsausstellung mit aufgereihten historischen Gegenständen erwartet, wird überrascht werden. Ja, es gibt E-Gitarren, Outfits und handgeschriebene Songtexte auf Papier, aber es sind Elemente einer großen und interaktiven Erzählung darüber, wie Rockrebellen, weibliche Fans und Breakdance die Jugendkultur geprägt haben und in der Gesellschaft politische Einstellungen und Werte im Laufe der Zeit beeinflusst haben.
Das Ganze wird durch Töne, Licht, Bilder und Installationen in einer architektonischen Umgebung vermittelt, die genauso laut ist wie cooler Rock. Natürlich gehören auch Gold, Nieten, rote Teppiche, verführerisches Licht und faszinierende Dunkelheit dazu.
Das ikonische Museumsgebäude wurde von den Stararchitekten des niederländischen Büros MVRDV und des dänischen Büros COBE entworfen. Sie haben dafür gesorgt, dass die unbändige und rohe Architektur den passenden Rahmen um die Erzählung des Museums bildet.
Mache einen Trip in die 70er
„Die Musik ist für viele Menschen von riesengroßer Bedeutung, und das wollen wir in der Ausstellung zeigen. Und vor allem wollen wir die besondere Rolle hervorheben, die die Musik für die Jugendkultur spielt. Musik trägt zu Veränderungen in der gesamten Gesellschaft bei und verschiebt die Grenzen des Normalen. Deshalb zeigt eine Veränderung im Klangbild häufig Veränderungen in der Art, auf die wir zusammen sind, an“, erklärt Sidsel Risted Staun, Vermittlungsleiterin im RAGNAROCK.
Das bemerkt man als Gast sofort, sobald man das obere Stockwerk des Museums betritt, wo der Rundgang beginnt. Wie in einem Kaleidoskop wird das Auge von Licht und Mustern gefangen, die sich bewegen und von unterschiedlichen Stationen aus rufen, an denen man lesen, sehen und zuhören kann und selbst beeinflussen kann, in welche Farben der Raum getaucht werden soll.
Hier kann man sich direkt in die ausgeflippten Universen und Lichtinstallationen der 70er zurück katapultieren lassen, die mit Hilfe von Handbewegungen steuerbar sind. Einige werden sich in eine flippige Zeit zurückversetzen können, in der Led Zeppelin, David Bowie und Freddie Mercury die Grenzen des Rocksounds, des Geschlechts und der Selbstinszenierung verändert haben.
Andere werden den Einblick in eine Zeit genießen, die sowohl musikalisch als auch politisch und in Bezug auf die persönliche Gleichberechtigung wichtig war. Es war eine Zeit, die noch heute viele Musiker inspiriert, und die Sängerinnen und Sänger in mehreren neuen Bands klingen wie Sänger aus dieser Epoche. Auch die jüngsten Museumsgäste werden viel Spaß an den interaktiven Elementen haben und können so tun, als seien sie der DJ bei einer coolen Party.
Foto: Museumskoncernen ROMU
Tanz, scream and shout!
Aber das RAGNAROCK ist nicht nur vom guten Musikjahrzehnt der 70er geprägt. Die 1.200 Quadratmeter große Hauptausstellung des Museums umfasst 11 verschiedene Themen und beginnt historisch in den 1950ern, als der Rock und gewagte Körperbewegungen die Jugend und die Gesellschaften in vielen Ländern gründlich durchschüttelten. Eines der Themen der Dauerausstellungen heißt „Fangirls and Fanboys“! Hierbei geht es darum, wie The Beatles, Elvis und andere Musiker die Interessen und den Ausdruck der Jugend beeinflusst haben.
Ein weiteres Thema heißt: „Kann Musik die Welt ändern?“. Es beleuchtet den politischen Einfluss und das Engagement von Künstlern. Und tanzen kannst du hier auch! Du kannst sehen und erleben, wie Tanz, Musik und Jugendkultur Gemeinschaften erschaffen und unterschiedliche Genres und Botschaften an ein neues und breiteres Publikum herangetragen haben. Zum Thema gehört, dass man natürlich sein eigenes Talent testen kann, was Jive, Breakdance oder Hip-Hop betrifft. Man kann sich aber auch damit begnügen, Clips von denen anzuschauen, die es damals drauf hatten.
Wenn dir beim Tanzen der Schweiß auf der Stirn steht, freust du dich sicherlich darauf, es danach etwas ruhiger angehen zu lassen, wenn du dich in andere Dinge vertiefst. In einem Bereich der großen Mitteletage des RAGNAROCK kannst du dir nämlich die Kopfhörer aufsetzen und verschiedene Klangerlebnisse aus unterschiedlichen Genren und Epochen auf die Ohren geben.
Neben der leuchtenden Musikwand kannst du es dir an zwei runden Hörstationen gemütlich machen und dir von Musikern, Radiomoderatoren und anderen mit Leidenschaft für Musik Anekdoten erzählen lassen. Ein derartiger Einblick in die Welt der Musik kann Erinnerungen wachrufen, den musikalischen Horizont erweitern sowie junge und ältere Musikfans miteinander ins Gespräch kommen lassen. Man bekommt Lust darauf, die spannenden Geschichten zu empfehlen und zu erfahren, wie die anderen die Musik erlebt haben.
Foto: Museumskoncernen ROMU
„Wir stellen fest, dass das Museum für Menschen aus unterschiedlichen Generationen interessant ist. Es bietet einen guten Rahmen dafür, dass Eltern und Großeltern gemeinsam etwas mit ihren Kindern und Enkelkindern erleben können. Hier können sie zusammen spielerisch die Ausstellung erforschen und sich über ihre Erlebnisse austauschen“, sagt Sidsel Risted Staun.
Die dänische Band Gasolin kommt ins Museum
Neben der Dauerausstellung bietet das RAGNAROCK laufend Sonderausstellungen, und am 12. September wird mit viel Getöse eine neue Ausstellung eröffnet.
Die berühmte dänische Kultband Gasolin steht auf dem Programm und nimmt das gesamte Untergeschoss des Museums mit ihren Songs ein, die seit Generationen in Dänemark gespielt und geliebt werden. Gasolin hat immer die Menschen vereint, Alt und Jung, und das tat die Musik erneut im Herbst 2018, als der ehemalige Sänger der Band Kim Larsen verstarb und die gemeinschaftlichen musikalischen Erinnerungen in Dänemark wachgerüttelt hatte. Der große Plattenspieler und viele andere feste Elemente im Museum werden noch immer da sein, wenn Gasolin das Gebäude einnimmt, jedoch in einer „gasolinifizierten“ Version.
Wenn man von musikalischen und optischen Eindrücken gesättigt ist, kann man gut eine Stärkung gebrauchen. Die ist im Café RAGNAROCK by Freunde erhältlich, wo unter anderem ein „Rabalder-Teller“ mit den ausgewählten Delikatessen des Kochs und hausgebackenem Brot angeboten wird.
Direkt vor der Tür, am Ende den langen, roten Asphaltteppichs, der zum Eingang des Museums führt, liegt RAGNAROCKs Shop, in dem Plakate, Gadgets, Kleidung und Schmuck erhältlich sind. Der Cool-Faktor dieser Dinge ist genauso hoch wie der der markanten architektonischen Umgebung.
Wenn man wieder ans Tageslicht und in die Wirklichkeit gelangt ist und das ikonische Gebäude hinter einem steht, befindet man sich im Stadtteil „Musicon“ der in den vergangenen Jahren entstanden ist. Hier gibt es neue Wohnungen, Start-ups und coole Skaterbahnen. Es kann weit entfernt und wie eine andere Welt wirken, aber nicht weit entfernt befinden sich die idyllische Fjordlandschaft und das landwirtschaftlich geprägte Gebiet. Die Felder in unmittelbarer Nähe werden jedoch jedes Jahr im Sommer in Nordeuropas größtes und Europas zweitgrößtes Musikfestival, das Roskilde-Festival, verwandelt. Das Festival erzählt seit vielen Generationen seine ganz eigene Geschichte von Rock’n’Roll, Gemeinschaft und Jugendkultur.